Loewe Opta 1852W
Wechselstrom Radio Jahrgang 1951/52 mit UKWBeschreibung
Rechts: Sendereinstellung und Wahlschalter für UKW (87,5-96MHz !), LW, MW, KW und Phono.
Die beleuchetet Glas Skala zeigt bei UKW nicht MHZ an sondern die Kanalnummern 2 - 30
Links: Lautstärke und Tonblende Einstellung.
Hinter der Glasskala ist noch der Papier Verkaufsanhänger für "UKW" zu sehen, welcher 1951 ja ein entscheidendes Argument gegenüber dem Mitbewerb war.
Der Aufbau ist etwas unüblich für einen Industriell hergestelltes Gerät, welches in Stückzahlen hergestellt wurde. Dies ist der Materialknappheit der Nachkriegszeit geschuldet. Materialsparender Aufbau. Schallwand ist nur eine dünne Hartfaserplatte. Chassis besteht aus dünnen Blech. Pertinax Elemente wie Spannungswähler ist aus dünnsten Pertinax gefertigt. Befestigung der Röhrenfassungen sind fragil mit dünnen Nieten gemacht, welche sich sehr verbiegen, wenn man eine Röhre aus der Fassung ziehen will. Hier wurde mit Material gespart.
Montage der Skalenlampen mit Pappröhrchen, welche mit Textil Klebeband am Holzgehäuse befestigt sind, ist sehr unüblich. Beeindruckend ist der Effekt der Beleuchtung der Skala.
Röhrenbestückung:
EF85, ECH11, ECF12, EF41, (EAA91), EM11, EL11, AZ11
7 oder 8 Röhren sind schon eine beachtliche Anzahl an Röhren, welche ja beheizt werden müssen.
Ein Sammelsurium verschiedener Röhrenepochen in einem Gerät, geschuldet dem Materialmangel der Nachkriegszeit.
Die Noval EF85 für UKW neu in 1951. Stahlröhren ECH11 und ECF12. Rimlock EF41 von 1947.
Das Gerät hier, ist die Variante mit Germanium Dioden anstatt einer zusätzlichen EAA91.
EL11, AZ11 und EM11 sind Vorkriegstypen mit Stahlröhrensockel.
Rückwand
Innenansicht
Hier links das Röhrchen für die Skalenlampe direkt an der Glasscheibe, ist mit Textil Klebeband fixiert.
Chassis
Zustand
Das Gehäuse ist in einem absolut Wohnzimmer tauglichen Zustand, der Lautsprecherstoff ist sauber.
Beschriftung der Skala links unten etwas schlecht.
Doppelpoti Lautstärke und Tonblende ist von Zinkpest befallen - defekt. 1M und 2M + Netzschalter. Kein Ersatzteil verfügbar
Becherelko sehr schlecht - muss erneuert werden um die AZ11 nicht zu gefährden.
Einen gut erreichbaren Koppelkondensator einseitig abgelötet und mit Isotest getestet - völlig defekt mit einem Widerstandswert von 15MΩ.
War zu erwarten, alle Kondensatoren der Marke ELEKTRICA gehören getauscht. Positiv ist, dass hier schon einige Styroflex Kondensatoren verbaut wurden, welche ja auch heute in einem guten Zustand sind.
EM11 leuchtet auch nach 70 Jahren noch sehr kräftig.
Im Radio sind die meisten Röhren mit Textil Klebeband in der Fassung gesichert, eigentlich nicht notwendig, da aus einer Stahlröhrenfassung keine Röhre herausfallen kann..
Aber die Klebebänder und der Zustand der EM11 deuten darauf hin, das Radio hat nicht viele Betriebsstunden drauf. Es ist Jahrelang eingelagert gestanden.
Die EF85 (UKW Tuner) ist irgendwann einmal durch deren Nachfolger eine EF183 ersetzt worden. Die EF183 gibt es erst ab 1960.
Das Netzkabel wurde bereits von jemanden durch ein modernes Euro Kabel ersetzt. Keine Zugentlastung.
Rotor des Drehkondensators für AM Teil ist verbogen, muss justiert werden, da dieser dadurch nicht vollständig eingedreht werden kann.
Notwendige Reparaturen
• Becherelko erneuern. Mit 2 Stk 47µF/400V Elkos befüllen
• Defekte Kondensatoren erneuern.
• Lautstärke Poti reparieren.
• Drehkondensator Rotor justieren.
• Zugentlastung Netzkabel.
• UKW Empfang schwach
Poti defekt - Zinkpest
Das Kombipoti ist von der Zikpest zerfressen. Lautstärke und Netzschalter sind noch OK. Der Tonblende Teil mit Potibefestigung ist aber kaputt.
Die lange Achse bringt auch ein ungünstiges Biegemoment auf das Achsenlager aus Zinkguss.
Zur Reparatur wird ein neues Poti Zerlegt, der Schaft mit dem Achsenlager wird auf Platinenmaterial aufgeklebt, mit Messing Distanz Hülsen wird die Verbindung zum originalen Poti hergestellt. Leider ist der Schleifer zerbrochen und nicht zu verwenden, da Daneben wird ein modernes 2M Poti für die Tonblende auf der Platine montiert. Das neue Poti wird mit Zahnrädern (Legotechnik) mit der originalen Hohlachse mittels Stellring verbunden.
Für diese Konstruktion ist hier genug Platz vorhanden. Die beiden Potis bilden eine Einheit welche mit der originalen Poti Befestigung am Chassis montiert werden.
Leider hat die 6mm Achse vorne bei der Befestigung des Drehknopfes ein Übermaß von 7mm. Diese Achse kann man ohne totale Zerlegung des originalen Potis nicht nach vorne abziehen. Dadurch muss das neue Lager etwas aufgebohrt werden, damit ist ein seitliches Spiel unvermeidlich. Die Durchführung an der Schallwand hat über 10mm. Mit einer Blende von 7mm an der Schallwand angebracht, hat die Achse dann eine sichere Führung.
Reparatur
Hier ist der reparierte, mit Neuware 2x 47µF/400V gefüllte, Becherelko zu sehen. Der ursprüngliche Massekontakt - Verschraubung des Bechers zum Gehäuse, wird durch einen zusätzlich schwarzen Draht, verlötet an einer Masse Lötfahne am Chassis realisiert. Damit ist ein sicherer Massekontakt gegeben.
Darunter das neue Poti für die Tonblende, noch ohne Verbindung zur Hohlwelle. Test mit Gummiriemen waren nicht OK. Zahnräder sind die Lösung.
Links und rechts sind die Pappröhrchen mit den Skalenlampen zu sehen.
Kondensatoren erneuern war wieder notwendig.
Becherelko Anschl. Rot/Gelb und jetz neu: Schwarz für Masse. Die zu schwachen Nieten der Röhrenfassungen beachten. Ein ELECTRICA Kondensator beim Trafo ist aufgeplatzt.
Chassis Unterseite nach Reparatur
Chassis Oberseite nach Reparatur
rechts neben der EM11 ist das Abstimmpoti für den neuen UKW Teil zu sehen.
Test
Mit Bluetooth am Phono Eingang spielt das Radio hervoragend - die Röhren dürften nicht viele Betriebstunden erlebt haben wie man es auch an der schönn leuchtenden EM11 sieht.
Das Radio spielt nun schon sehr gut, auf LW, MW nur die üblichen Störgeräusche, auf KW war ein Sender (Rumänien ?) zu hören.
Sender um 90Mhz werden brauchbar (nach heutigen Maßstab) empfangen. Radio Niederösterreich mit 97.2Mhz geht sehr schlecht zu hören. Der UKW Bereich sollte von 87,5-96MHz gehen, das ist mir erst später aufgefallen wie ich die Skala genauer angesehen habe.
Das Chassis hatte ich natürlich ausgebaut, Die Skala ist aber am Gehäuse verbaut und nicht am Chassis. Dadurch bin ich da erst später darauf gekommen, dass der Bereich nur bis 96Mhz (Kanal 30) geht.
Die Skala habt nur Kanal Angaben und keine Frequenzangaben. Die Kanalnummern sind ja heute unüblich, aber in der Anfangszeit von UKW wollte man den Kunden nicht mit Technischen Einzelheiten (MHz) belasten, ist aber heute bei aktueller Hardware (Apple, Microsoft, Tesla, etc.) auch nicht anders. Der UKW Tuner ist sehr unzugänglich eingebaut. Hier müsste viel zerlegt werden, Wellenschalter, Drehko mit Seil usw.
Die Unterseite der EF85 (RF183) ist nicht ohne Zerlegung erreichbar.
Austausch der EF85 oder EF183 durch (NOS) Bauteil ohne Verbesserung der Empfindlichkeit. Anodenspannung der EF85 ist mit 184V OK.
Keine weiteren Untersuchungen am UKW Teil, da der Empfangsbereich ab Werk sowieso sehr eingeschränkt ist.
UKW
Ein Einbau eines zusätzlichen Tuners für UKW ist angezeigt, damit der gesamte UKW Bereich zu hören ist, und das Radio normal verwendet werden kann. Der Tuner wird mit einem Poti abgestimmt, welches mit der Drehkondensator Achse per Seiltrieb verbunden ist.
Skala Neu für UKW mit Aufkleber
Drehwinkel Drehkondensator zu Poti ist 180° zu 270°. Das Poti und die Scheibe am Drehkondensator konnte ohne neue Bohrungen befestigt werden. Das Poti ist an einer kleinen Konsole montiert, welche aus Cu beschichteten Platinenmaterial besteht. Montiert an schon vorhanden Bohrungen am Chassis.
Es wird der UKW FM1216 Tuner, den ich schon beim Saba455WK eingebaut hatte, hier ist aber eine zusätzliche NF Verstärker Stufe TDA1308 notwendig, die auch bei den Bluetooth Empfängern verwendet wird. Die NF wird bei Phono angeschlossen. Damit kann der wahlweise der originale UKW Tuner und der neue Tuner via Phono verwendet werden.
Ein kleiner 4.5VA 9V Trafo auf Lochrasterplatte ,wird am Chassis Bügel befestigt.
Der UKW Tuner, NF Stufe und 5V Netzteil wird auf einer Platte am Holzgehäuse unter dem Chassis montiert.
Die UKW Einheit hat 3 Stecker zum Radio. (9V AC, NF-Ausgang und Abstimmpoti), ein Litze dient als Wurfantenne.
Fazit
Die Unterseite des Holzgehäuses ist vollkommen verschlossen - keine Luftlöcher. Luftstrom für die Wärmeabfuhr nur über die Rückwand gegeben. Die 7 Röhren setzen einiges an Wärme frei.
Aus- und Einbau des Chassis ist relativ schwierig, da die vorderen M4 Muttern links und rechts nur mit dünnen längeren 7mm Steckschlüssel schwer erreichbar sind.
Die genaue Ausrichtung zur Schallwand ist wegen den Achsen und dem Ausschnitt der EM11 wichtig.
Der Ausgangstrafo ist am Lautsprecher montiert, und ohne Lötstützpunkte direkt mit langen Drähten an verschieden Stellen der Chassis Verdrahtung verlötet. 2 x AGT und 2 x LS. Das ist nicht sehr servicefreundlich.
Der Lautsprecher hat keine Staubschutz Kalotte über der Schwingspule wie später üblich. Der LS sollte auf alle Fälle im Gerät verbleiben, damit keine Metallspäne zwischen Spule und Magnet geraten können. Für die Arbeiten habe ich das Kabel zum AGT verlängert und der LS verblieb im Gehäuse.
Der Lautsprecher, in Verbindung mit der EL11 in diesem Radio, überzeugt mit einem sauberen kräftigen Klang.
Das kaputte Lautstärke - Tonblende mit Einschalter war fast ein Todesurteil für das Gerät.
Als Schlachtgerät, Sperrmüll oder für den Corrossion Corner ist dieses Gerät aber viel zu schade.
Stromaufnahme bei 230V und Spannungswähler auf 240V beträgt 55W inkl. neuem UKW Teil. Das ist für 7 Röhren OK.
Der eingeschränkte Empfangsbereich und die geringere Empfindlichkeit des originalen UKW Tuners ist für eine Verwendung heute nicht förderlich. Darum wurde zusätzlich ein neuer Tuner 87,5-108Mhz eingebaut. Auf Stellung UKW ist der originale UKW Teil im Einsatz. Der neue UKW Teil auf Stellung Phono.
Damit kann das Radio seine gute Klangqualität voll ausspielen und normal benutzt werden.
Weitere Informationen (Schaltung, Röhrendaten etc.) dazu und den verschiedenen Varianten hier wie immer bei
Loewe Opta 1852W auf Website www.radiomuseum.org zu sehen.
Dateidatum: 13.09.2022